VICTOR KÉGLI

Die Eselsohren des Midas

Die Eselsohren des Midas
Die Eselsohren des Midas, Emerson Gallery Berlin, Berlin
Installation
Spiegelscheiben, Bambusrohr, Lautsprecher, Ventilator
2007
Fotos: Thomas Bruns, Mathias Schiller

Der Friseur des König Midas hat ein Problem: Er muss sich dringend aussprechen. Nur darf niemand wissen, was er sah, als sein Herr zum Haareschneiden den Turban abnahm: Der König hat lange, mit grauen Zotteln behangene Eselsohren. Der verärgerte Gott Apollo hat ihn damit für seinen miserablen Musikgeschmack bestraft. Midas hatte bei einem Sangeswettstreit unter Göttern dem rustikalen Krächzen des Pan den Vorzug vor Apollos Himmelsklängen gegeben. Der Friseur verspürt nun das starke Bedürfnis, sein Geheimnis jemandem anzuvertrauen. Da niemand von der Schande des Königs erfahren soll, läuft der Friseur ans Flussufer, gräbt ein Loch in die Erde und flüstert hinein: „König Midas hat Eselsohren!“ Erleichtert von seiner Seelenpein buddelt er das Loch wieder zu. An dieser Stelle des Ufers wächst nun ein Wald aus Schilfrohr, das, wenn der Wind hindurchstreicht, flüstert: „König Midas hat Eselsohren!“

Die Eselsohren des Midas
Die Eselsohren des Midas
Die Eselsohren des Midas
mit Spiegelscheiben, 2007, Vattenfall Berlin
Die Eselsohren des Midas
Die Eselsohren des Midas
mit Wasserbecken, 2003, Emerson Gallery Berlin