Die schöne Portia aus Shakespeares Der Kaufmann von Venedig stellt drei Kästchen auf – eines aus Blei, das andere aus Silber, das dritte aus Gold – auf jedem steht eine Losung, eine Bedingung „Wähle mich und du bekommst …”. Da die Bewerber zahlreich sind und ihre Rechtschaffenheit zweifelhaft, lässt sie jeden ein Kästchen auswählen, in der Hoffnung durch die Entscheidung der Kandidaten zum besten Ehemann geführt zu werden. Wer Gold wählt, bekommt „was er begehrt”, bei der Wahl von Silber, „was er verdient” und bei Blei werden alle Arten von Risiken versprochen, im Guten wie im Schlechten. Der Gute wählt in dieser besten aller allegorischen Welten natürlich Blei, nimmt das Risiko auf sich, gewinnt die Ehefrau, während sich der habgierige Typ vom Glanz verführen lässt und mit nichts als einer Schriftrolle in der Hand von dannen ziehen muss. „Nicht alles was glänzt ist Gold,“ ist darauf zu lesen, „vergoldete Gräber umschließen Würmer” und weiteres in diesem Sinn.

Victor Kégli lässt in „KUNST MUSS KOSTEN” (2007) und „DU SOLLSTEST SEIN WIE ICH” (2007) Kästen und Schriftzüge sprechen, mit den Worten spielen. Betrachtet man die dürftige, strassbesetzte Aussage des Schriftzuges „KUNST MUSS KOSTEN” in deren Form und Syntax die abgründige Performativität des berüchtigten Mottos ARBEIT MACHT FREI über dem Eingangstor zu Ausschwitz nachhallt, oder die riesige Wand spiegelnder Leuchtkästen von „DU SOLLSTEST SEIN WIE ICH” und ihre kleineren Begleiter mit ihrem konditionalen „DU KÖNNTEST SEIN WIE ICH” , in jedem dieser Beispiele verschwindet der Sprecher hinter Strass und Satz, hinter dem blendenden Glanz seiner Materialien und Sprechakte. Und wir als Adressaten werden allein gelassen mit dem „vergoldeten Grab” des (Kunst)Markts und den „Würmern”, die sich darin winden.